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Home » News » «Seit meiner MS-Erkrankung empfinde ich mein Leben als bewusster»
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Die Diagnose Multiple Sklerose kam für Anny nicht überraschend, sondern brachte vor allem Gewissheit. Heute prägt die Erkrankung den Alltag der alleinerziehenden Mutter: Fatigue und körperliche Einschränkungen sind ständige Begleiter, ihre Energie muss sie Tag für Tag sorgsam einteilen. Im Interview erzählt sie, wie es mit klaren Strukturen, professioneller Begleitung und dem starken Rückhalt ihrer Familie gelingt, Lebensqualität zu bewahren und bewusst auf sich zu achten.

Anna Wulsch

Anny Wulsch

© Samuel Schalch

MS-Betroffene

Wann und wie haben Sie die Diagnose Multiple Sklerose erhalten, und welche ersten Anzeichen oder Symptome haben Sie damals bemerkt?

Mein Weg zur Diagnose begann mit einer Taubheit im Arm und führte schliesslich über weitere Abklärungen bis zur Lumbalpunktion, die Klarheit brachte. Ich wusste, dass etwas nicht stimmt. Mein Grossvater hatte MS, und tief in mir hatte ich schon als Teenager die Vermutung, dass diese Krankheit mich irgendwann betreffen könnte. Als die Diagnose kam, war es deshalb kein Schock, sondern vor allem Klarheit. 

Welche körperlichen Einschränkungen begleiten Sie heute am meisten im Familienalltag? 

Ein Schub lähmte einmal vorübergehend mein rechtes Bein. Inzwischen sind dort rund 70 bis 80 Prozent des Gefühls zurückgekehrt. Eine leichte Gangschwäche blieb, daher trage ich eine Beinschiene (Orthese), die mich beim Gehen stabilisiert. Langes Stehen oder Gehen fällt mir schwer, weshalb ich jeden Tag sorgfältig einteilen muss, vor allem um genug Energie für meinen Sohn zu haben, der inzwischen in den Kindergarten geht. Am stärksten beeinträchtigt mich die Fatigue. Ich brauche täglich einen Mittagsschlaf und habe manchmal sogar Sekundenschlaf. Spasmen in Schultern und Rücken gehören ebenfalls zu meinem Alltag. 

Mein Gangbild wird bei jeder Kontrolle besprochen, ist aber gottseidank mittlerweile stabil. Ich gehe jedes halbe Jahr zur Kontrolle. 

Welche Therapie- oder Behandlungsformen helfen Ihnen besonders? 

Neben der medikamentösen MS-Therapie hilft mir ein Fatigue-Management sehr: eine kleine Gruppe, in der wir gelernt haben, Energie sinnvoll einzuteilen und den Alltag neu zu strukturieren. Physiotherapie, Logopädie, Musik, Meditation und warme Bäder unterstützen mich ebenfalls. Eine grosse Hilfe ist mein Umfeld. Meine Mama wohnt inzwischen bei uns und ist meine wichtigste Stütze, emotional und im Alltag. Mein Ex-Mann hilft, wo er kann, und wir finden gemeinsam Wege, unseren Sohn gut zu begleiten. Eine besondere Unterstützung ist auch meine Schwiegermama: Sie begleitet mich zu weiter entfernten Terminen oder fährt mit mir, wenn mir die Kraft fehlt, zu meinen eigenen Untersuchungen oder zu wichtigen Terminen meines Sohnes. Und sie ist einfach da, wenn ich jemanden brauche, der neben mir steht oder mir die Hand hält. Diese Fürsorge bedeutet mir unglaublich viel. Meine Hoffnung, wieder ins Berufsleben zurückzukehren, hat sich nicht erfüllt. Ich beziehe heute eine IV-Rente und habe gelernt, dass ich meinen Alltag klar strukturieren muss, mit festen Ruhephasen und nur einem Termin pro Tag. Ich plane jeden Tag um meine Energie herum, um für meinen Sohn da zu sein. Trotz Einschränkungen empfinde ich mein Leben nicht als kleiner, sondern als bewusster. Ich höre auf meinen Körper, gehe liebevoller mit mir um und gebe mir den Raum, den ich früher nie zugelassen hätte. 

Welche Unterstützung ist für Sie besonders wichtig, um Lebensqualität und Selbstständigkeit zu erhalten? 

Die MS-Nurses der MS-Ambulanz in meiner Region sind für mich unglaublich wichtig. Sie begleiten mich mit Ruhe, Kompetenz und Offenheit und sind jederzeit erreichbar, wenn ich unsicher bin. Auch die MS-Gesellschaft hat mir enorm geholfen, besonders beim IV-Prozess. Am meisten trägt mich jedoch meine Familie. Mein Sohn gibt mir Kraft, meine Mama gibt mir Halt, und mein Umfeld hilft mir, meinen Alltag warm und stabil zu gestalten.

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