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Ovarialkarzinom: BRCA-Tests können frühzeitig über mögliche Risken Aufschluss geben

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Das Ovarialkarzinom ist die zweithäufigste bösartige Erkrankung weiblicher Geschlechtsorgane. Die gynäkologische Onkologin Viola Heinzelmann-Schwarz erklärt, wie BRCA-Tests dabei helfen, informierte Entscheidungen für die eigene Gesundheit zu treffen.

Prof. Dr. med. Viola Heinzelmann-Schwarz

Leiterin Frauenklinik
Chefärztin Gynäkologie und Gyn. Onkologie
Universitätsspital Basel

Das Ovarialkarzinom wird meist sehr spät entdeckt. Was bedeutet das für die Therapie?

Die Behandlung im Frühstadium besteht im Wesentlichen in der Ermittlung der Ausdehnung
der Erkrankung, das heisst die Entfernung der Eierstöcke, der Eileiter, der Lymphknoten, und des umgebenden Fettnetzes. In einem fortgeschrittenen Stadium geht es darum, die Tumorlast maximal zu reduzieren. Je weiter sich der Tumor bereits ausgedehnt hat, umso ausgedehnter muss operiert werden. Die Operation ist dann deutlich länger, schwieriger und mit einem höheren Risiko verbunden. Deswegen ist es extrem wichtig, dass Frauen in die richtigen Hände kommen: Es braucht ein kompetentes Team, das auf entsprechende Infrastrukturen zurückgreifen und so eine umfassende Versorgung bei hoher Qualität sicherstellen kann.

Gibt es die Möglichkeit einer Früherkennung?

Es gibt viele Studien, die erforscht haben, ob man Eierstockkrebs früh entdecken könnte. Die Quintessenz all dieser Studien ist: negativ. Selbst wenn Sie einmal im Quartal Tumormarker bestimmen und Tests und eine Ultraschalluntersuchung machen würden, Sie würden ihn nicht frühzeitig entdecken. Deswegen ist das A und O, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen und sich vorab zu informieren sowie sich im Falle eines erhöhten Risikos auf das Vorliegen einer genetischen Mutation testen zu lassen.

Bei ca. 50 % der Patientinnen mit Eierstockkrebs können Schäden am Tumor-Erbgut nachgewiesen werden, die durch eine homologe Rekombina-tionsdefizienz (HRD) ausgelöst wurden.
Bei ca. 29 % dieser Patientinnen liegt eine BRCA-Mutation vor.* Warum ist es so wichtig herauszufinden, ob einer vorliegenden HRD eine BRCA-Mutation zugrunde liegt?

Es gibt zwei Gruppen von Mutationen, die für das Ovarialkarzinom von Bedeutung sind: das Lynch-Syndrom und die BRCA1- und BRCA2-Mutationen. Letztere sind verantwortlich für ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen der Brust und der Ovarien, aber auch der Prostata und der Bauchspeicheldrüse. Sie können eine oben genannte homologe Rekombinationsdefizienz auslösen. Dabei han-delt es sich um eine Störung eines DNA-Reparaturmechanismus, die das Risiko für das Entstehen einer Krebserkrankung wie dem Ovarialkarzinom erhöht.
Im Rahmen der Therapie wird deshalb ein HRD-Test durch-geführt, um abzuklären, ob diese Störung vorliegt und sie durch eine BRCA-Mutation bedingt ist. Eine HRD kann auch durch Mutationen an anderen Genen ausgelöst werden. Der HRD-Test ist des-wegen so wichtig, weil sich jeweils spezifische Therapiemöglichkeiten für das Vorliegen der Störung und der BRCA-Mutation eröffnen.

Wie kommt man präventiv zu einem solchen
BRCA-Test?

Ich halte nichts davon, sich einfach blind testen zu lassen – in den USA gibt es Unternehmen, die so etwas anbieten. Der Test sollte nämlich unbedingt im Rahmen einer genetischen Beratung erfolgen, so dass auch das Ergebnis und seine möglichen Konsequenzen besprochen werden können. In der Schweiz gibt es dafür zertifizierte Anbieter, die gemeinsam mit den Patientinnen das Risiko abklären und auch dabei helfen, die Ergebnisse einzuordnen. Was bei den genetischen Mutationen ja noch hinzukommt: Es betrifft nie nur einzelne Personen, sondern immer auch gesamte Familien; das muss entsprechend berücksichtigt werden. Wird das Risiko für das Vorliegen einer solchen genetischen Veranlagung ermittelt, kann eine Kostengutsprache bei der Krankenversicherung für eine genetische Testung beantragt werden. Der Test selbst erfolgt ganz einfach über eine Blutentnahme.


Der HRD-Test ist
deswegen so wichtig, weil sich jeweils spezifische
Therapiemöglichkeiten für das Vorliegen der Störung
und der BRCA-Mutation eröffnen.


Angenommen, ich erhalte ein positives Ergebnis für eine BRCA-Mutation. Welche Handlungsoptionen habe ich nun damit?

Die Empfehlung in einem solchen Fall lautet, Frauen ab 40 Jahren prophylaktisch die Eierstöcke und Eileiter zu entfernen. Das erfolgt über eine Bauchspiegelung. In 98 % aller Fälle kann so eine spätere Erkrankung ausgeschlossen werden. Manche Frauen lassen sich nur die Eileiter entfernen, weil die Entfernung der Eierstöcke einen Eingriff in den Hormon-haushalt darstellt und sie deshalb Bedenken haben. Diese hormonelle Veränderung stellt aber gleichzeitig auch einen Schutz vor Brustkrebs dar. Es ist auf jeden Fall wichtig, sich umfassend aufklären zu lassen, um Risiken einordnen zu können. Denn auch die Entfernung der Eierstöcke ist natürlich ein Eingriff, der jedoch vor dem Hintergrund einer möglichen späteren Krebserkrankung und ihren Folgen betrachtet werden sollte. Ich bin deshalb davon überzeugt, dass es der richtige Schritt ist.

*Quelle: https://bit.ly/3S4P2IB

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