Viele Menschen greifen im Winter zu Wolle oder Daunen, ohne zu wissen, dass deren Herstellung für Tiere oft mit erheblichem Leid verbunden ist. Leony Malthaner, Kampagnenleitung «Wear it Kind» bei der Tierschutzorganisation Vier Pfoten Schweiz, erklärt, worauf es beim Einkauf ankommt, wie tierfreundliche Wintermode alltagstauglich wird und weshalb bewusste Entscheidungen tatsächlich etwas verändern.

Leony Malthaner
© ZVG
Projektleiterin «Wear it Kind»
Weshalb lohnt sich ein genauer Blick auf die Herkunft von Wolle und Daunen – und wie setzt «Wear it Kind» an?
Wolle und Daunen gelten seit Langem als klassische Wintermaterialien, doch ihre Herstellung ist für viele Tiere mit erheblichem Leid verbunden. Bei Merinowolle betrifft es vor allem die Lämmerverstümmelung, bei Daunen den Umgang mit Gänsen. «Wear it Kind» macht diese Hintergründe sichtbar und zeigt Alternativen. Zudem bietet die Kampagne Orientierung für Konsument:innen und Marken.
Was bedeutet Lämmerverstümmelung?
Dabei wird jungen Merinolämmern Haut rund um das Hinterteil entfernt – meist ohne ausreichende Schmerzlinderung. Die Praxis soll Parasitenbefall verhindern, ist jedoch nur nötig, weil die Tiere auf eine besonders faltenreiche Haut gezüchtet wurden. Sie ist nur noch in Australien verbreitet, dem weltweit grössten Merinowolleproduzenten. Es gäbe jedoch längst tierfreundlichere Zuchtmethoden.
Wie erkennt man Wolle ohne Lämmerverstümmelung?
Auf Produkten ist die Produktionsweise selten erkennbar. Verlässliche Orientierung bieten Zertifikate wie Responsible Wool Standard, ZQ Merino, Sustainable Cape Wool Standard oder Nativa. Viele Marken führen solche Produkte, doch nicht immer klar gekennzeichnet. Es lohnt sich daher, gezielt nachzufragen oder den «Wear it Kind»-Markenkompass von Vier Pfoten zu nutzen.
Welche Probleme gibt es bei Daunen?
Das Hauptproblem ist das Risiko des Lebendrupfs bei Gänsen, der schwere Verletzungen und Schmerzen verursacht. Lieferketten sind oft schwer nachvollziehbar, weshalb zertifiziert recycelte Daunen die tierfreundlichste Wahl sind – synthetische und pflanzliche Alternativen bieten heute sehr gute Wärmeleistung.
Welche Materialien eignen sich im Winter besonders gut?
Pflanzliche Fasern wie Bio-Baumwolle, recycelte Baumwolle oder Hanf funktionieren gut für Strick, Sweats und Zwischenschichten. Tencel, Modal und Bambus regulieren Temperatur und Feuchtigkeit und eignen sich für Basics. Für Jacken gibt es hochwertige tierfreie Isolationsmaterialien wie recyceltes Polyester, Primaloft oder pflanzliche Alternativen. Wer Wolle tragen möchte, sollte konsequent auf anerkannte Standards achten. Angora ist grundsätzlich problematisch, da eine tierfreundliche Produktion nicht möglich ist.
Welche Verantwortung tragen Modemarken?
Marken entscheiden über Materialien und Produktionsbedingungen. Sie können problematische Praktiken ausschliessen, klare Richtlinien definieren und Lieferketten transparent machen. «Wear it Kind» unterstützt Unternehmen dabei, Tierwohl verbindlich zu verankern.
Welche Veränderung wünscht sich «Wear it Kind» langfristig, und welche Rolle können Konsument:innen dabei spielen?
Eine Modewelt, in der Tiere nicht mehr leiden müssen. Dafür braucht es klare Standards, Transparenz und verantwortungsbewusste Marken – aber auch Konsument:innen, die bewusste Entscheidungen treffen und so Veränderungen anstossen. Jede Wahl zeigt: Tierwohl ist nicht verhandelbar.
Tierfreundlich einkaufen
Der «Wear it Kind»-Markenkompass bietet eine schnelle Orientierung zu über 300 Modemarken und zeigt, welche Verantwortung übernehmen.
Mehr Hintergrundwissen für den Alltag
Praktische Tipps und vertiefte Informationen bietet das Magazin «Mode mit Verantwortung».