Anne ist 33 Jahre alt und führt ein Leben mit einem schweren Verlauf der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn. Uns hat sie erzählt, wie sie mit ihrer Krankheit umgeht und was sie anderen Patient:innen raten würde.
Anne Schadt
Heilerziehungspflegerin, Morbus Crohn Patientin
Foto: Privat
Als ich 26 Jahre alt war, wurde bei mir Morbus Crohn diagnostiziert. Von dieser Erkrankung hatte ich bis zu dem Zeitpunkt noch nie gehört und dachte erst mal, dass das bestimmt schon wieder weggeht. Ich bin circa ein Dreivierteljahr mit immer wiederkehrenden Durchfällen und Unterbauchschmerzen herumgelaufen. Nach vielem Hin und Her bei den Ärzt:innen wurde dann schliesslich in einer Darmspiegelung der Crohn im Dünndarm entdeckt. Morbus Crohn ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die in Schüben verläuft, unterschiedliche Verläufe einnehmen und den gesamten Verdauungstrakt betreffen kann. Mein erster Gedanke war: «Warum ich?» Ich war am Boden zerstört, wurde aber von meinem Arzt gut aufgeklärt und habe auch direkt Cortison genommen, um die Entzündung in den Griff zu bekommen. Viele Morbus-Crohn-Betroffene müssen auf ein Immunsuppressivum zurückgreifen, um den Körper davon abzuhalten, sich weiterhin selbst zu zerstören.
Mein gesamtes Umfeld hat sehr empathisch auf meine Erkrankung reagiert, weil alle gesehen haben, wie schlecht es mir ging. Ich bin ein Lebemensch und konnte durch die Schmerzen und den Durchfall nicht mehr richtig am Leben teilhaben. Auch bei meiner Arbeit als Heilerziehungspflegerin gab es durchweg Zuspruch und Hilfsbereitschaft seitens der Kolleg:innen.
Ich bin immer offen mit der Thematik umgegangen und kann nur allen, die davon betroffen sind, raten, dies auch zu tun. Es baut Hürden und Tabus ab. Nicht jeder muss aufs Klo rennen, es gibt nicht die typischen Symptome, wichtig ist nur, alles rechtzeitig abklären zu lassen, damit einem geholfen werden kann. Das heisst, bei anhaltenden Bauchschmerzen, Blut im Stuhl, Durchfall oder aber auch Verstopfung sollte eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden und auch das Thema CED angesprochen werden. Noch immer haben zu viele Hausärztinnen und Hausärzte Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa nicht auf dem Schirm.
Mein Verlauf ist sehr schlimm, ich hatte viele Operationen und bekam zwischenzeitlich auch ein Stoma, aber auch all das ist kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Denn wir haben nur dieses eine Leben und aus dem machen wir bitte das Beste. Man kann mit Morbus Crohn alt werden, man kann Kinder bekommen, Fallschirm springen, schwimmen gehen. Man kann alles tun, was das Herz begehrt. Wenn man in Remission ist, die richtigen Ärztinnen und Ärzte an seiner Seite hat und das private Umfeld stimmt, dann lebt man wie jeder Mensch ohne chronische Erkrankung. Mein Mann stand mir in der schwierigen Zeit immer zur Seite und hat mich so genommen, wie ich bin.
Ich würde mir wünschen, dass Morbus Crohn noch mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerät. Am 19. Mai ist der Welt-CED-Tag, der mit einer lila Schleife gekennzeichnet ist. Fakt ist, wir brauchen schnell eine Toilette, wenn wir müssen. Ich würde mir wünschen, dass Ladenbesitzer:innen da offener sind, wenn gerade keine öffentliche Toilette vorhanden ist. Wir haben öfters Schmerzen, wir sind müde und können vielleicht auch nicht alles essen. Wir machen das nicht, weil wir es uns ausgesucht haben, sondern weil die Erkrankung uns ausgesucht hat. Allem zum Trotz kann ich allen Neudiagnostizierten nur raten, Probleme und Sorgen auch mit Betroffenen auszutauschen. CED-Facebook-Gruppen haben mir persönlich sehr gut geholfen. Ausserdem sollte all der unnötige Ballast, den man mit sich herumträgt, aus dem Leben verbannt werden, denn gerade Stress tut Morbus Crohn überhaupt nicht gut. Morbus Crohn ist zwar ein Arschloch, aber kein Weltuntergang.